Mitteilungen der TUM, Ausgabe 5 (96/97)

In memoriam


Wolfgang Hartke

Wolfgang Hartke Foto: Privat
Prof. Wolfgang Hartke ist am 26. März 1997, wenige Tage vor seinem 89. Geburtstag, nach kurzer Krankheit verstorben. Er war von 1952 bis 1973 Ordinarius für Geographie der TUM.

Wolfgang Hartke, der 1932 in Berlin bei Norbert Krebs mit einer Arbeit über Nordost-Frankreich promoviert wurde, sich 1938 in Frankfurt mit einer Arbeit über das Rhein-Main-Gebiet habilitiert hatte und dort nach dem Krieg als kommissarischer Direktor das Geographische Institut der dortigen Universität wieder aufgebaut hat, gehörte unserer Hochschule seit seiner Berufung im Jahr 1952 an. Er ist ihr trotz eines ehrenvollen Rufes an die Philipps-Universität Marburg im Jahr 1967 treugeblieben. In den 21 Jahren seiner aktiven Zeit als Inhaber des zunächst einzigen Lehrstuhls für Geographie an der TUM hat er nicht nur den personellen und organisatorischen Ausbau seines Instituts erfolgreich betrieben, sondern diesem durch seine wissenschaftliche Arbeit ein überaus klares Profil gegeben und außergewöhnlich hohes Ansehen innerhalb wie außerhalb des Faches verschafft. Wenn heute in disziplinhistorischen Rückblicken und Darstellungen der Sozialgeographie stets auch von der Münchner Schule die Rede ist, so ist damit das wissenschaftliche Lebenswerk von Wolfgang Hartke beim Namen genannt.

So hat ihm sein Institut, mit dem er sich bis in seine letzten Tage eng verbunden fühlte, viel zu verdanken, nicht zuletzt die Einführung des Diplomstudienganges Geographie im Jahr 1961, der sich von München aus dann in der Bundesrepublik Deutschland durchgesetzt hat. Aber nicht nur unser Institut, sondern auch die gesamte deutsche Geographie schulden Wolfgang Hartke bleibenden Dank. Er war es, der unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grund seiner guten persönlichen Beziehungen zu französischen Kollegen den deutschen Geographen wieder internationale Kontakte vermitteln konnte. Von 1959 bis 1961 war er 1. Vorsitzender des Verbandes der Hochschullehrer der Geographie und des Zentralverbandes der deutschen Geographen, der mit seinem Bericht zur Lage des Faches mutig am nahezu tabuisierten Selbstverständnis seiner Disziplin gerüttelt hat und der deutschen Geographie Perspektiven aufgezeigt hat, die sie aus dem Elfenbeinturm geodeterministischen Denkens und universitärer Länderkunde auf das weite Feld gesellschaftsrelevanter Forschungen geführt hat. Wolfgang Hartke war schließlich und vor allem - zusammen mit Hans Bobek - einer der Väter der deutschen Sozialgeographie, ein Wissenschaftler, dessen nicht zuletzt aus Freude am Widerspruch geborene Ideen neu und zukunftsweisend und für die Entwicklung unseres Faches von kaum zu überschätzender Bedeutung waren.

Wolfgang Hartke war sicherlich kein zuvorderst auf Ausgleich und Harmonie bedachter Mensch. Er war ein unabhängiger, ideenreicher Kopf, dem es weder an kritischem Scharfsinn fehlte noch an Mut, zu seinen Überzeugungen zu stehen und solche Kritik auch wirkungsvoll vorzubringen. Er hat zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erfahren, die seine wissenschaftlichen Leistungen eindrucksvoll gewürdigt haben. Besonders freuen durfte er sich über die Ehrendoktorwürde, die ihm die Universität Straßburg in Würdigung seiner Verdienste 1972 verliehen hat. Die Münchner Geographen an der TU München werden Wolfgang Hartke stets ein ehrendes Gedenken bewahren.

Günter Heinritz


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